Seit mittlerweile zehn Jahren wirft das arabische Filmfestival ALFILM ein Schlaglicht auf die Filmproduktion einer Region, die von der Westküste Afrikas bis an den Persischen Golf reicht. Damit ist das Festival nicht nur in Berlin eine Besonderheit, sondern in ganz Deutschland. Wann sonst hat man die Gelegenheit, so viele verschiedene Filme aus dem arabischsprachigen Raum zu sehen? In diesem Jahr läuft das ALFILM vom 03. bis 10. April im Kino Arsenal, City Kino Wedding und Wolf Kino.

Eröffnet wird das Festival von dem ägyptischen Roadmovie Yomeddine (Ägypten, 2018), in dem Regisseur Abu Bakr Shawky den melancholischen Schrotthändler Beshay und den fröhlichen Schulschwänzer Obama auf Reisen schickt. Beshay ist als Kind an Lepra erkrankt und wurde deswegen von seiner Familie verstoßen. Seit Jahren ist er geheilt, lebt aber weiter in einer Leprakolonie und trauert um seine Ehefrau, die kürzlich gestorben ist. Obama wird im Waisenhaus von den anderen Kindern wegen seiner schwarzen Hautfarbe beschimpft und gehänselt. Als Beshay sich auf die Suche nach seiner Familie macht, springt Obama kurzerhand auf dessen Eselskarren auf. Die folgende Holperfahrt durch Dick und Dünn schweißt die beiden Protagonisten zusammen – beinahe wie Vater und Sohn –, zwingt sie jedoch auch, sich der Erinnerung an ihre verlorenen Familien zu stellen.

Überhaupt dreht sich im Hauptprogramm alles um Familienbeziehungen: In der saudischen Komödie Amra and the Second Marriage (Saudi-Arabien, 2018) von Mahmoud Sabbagh wird Hausfrau Amra damit konfrontiert, dass sich ihr Ehemann kurz vor der Rente eine Zweitfrau nehmen will. Was tut Amra? Statt weiterhin devot zu agieren, sinnt sie auf Rache und spannt dazu ihren attraktiven Nachbarn ein. In Chaos (Österreich/Syrien/Libanon/Katar, 2018) der syrischen Dokumentarfilmerin Sara Fattahi müssen drei Frauen damit umgehen lernen, dass der Krieg in Syrien ihre Familien zerstört hat.

Von Europa in die arabische Welt und zurück

Der tunesische Regisseur Néjib Belkadhi schickt seinen Protagonisten Lotfi in Look at me (Tunesien/Frankreich/Katar, 2018) aus Frankreich in die Heimat zurück, wo er völlig unerwartet auf seinen autistischen Sohn Youssef trifft. Und in The Blessed (Frankreich/Belgien, 2017) der algerischen Filmemacherin Sofia Djama muss sich eine Familie der Mittelklasse ihrer eigenen politischen und gesellschaftlichen Desillusionierung stellen.

Allesamt Filme, die mit gängigen Stereotypen über die arabische Welt brechen und ein vielschichtigeres Bild der Realität zeichnen, als man es in europäischen Kinos zu sehen gewohnt ist. Außerdem gibt es ein Kurzfilmprogramm, in dem alternde Gangster, Imame mit Wassermelonen und jugendliche Fußballerinnen aufeinandertreffen. Besonders spannend verspricht die Reihe „Lab/p 3 – identity“ zu werden, die experimentelle Filme mit zeitgenössischer Lyrik aus dem arabisch- und deutschsprachigen Raum verbindet.

Unser Magazin ist auch dieses Jahr Medienpartner des Festivals. Neben spannenden Interviews mit Filmemacherinnen und Filmemachern aus der ganzen arabischen Welt veröffentlichen wir Rezensionen und berichten live rund um die drei Festivalkinos. Mehr Infos zu Filmprogramm und Ticketverkauf gibt es auf der Website des Festivals. Wir sehen uns im Kino!