Auch wenn Berlin groß und das Kulturangebot breitgefächert ist, gibt es doch wenige Möglichkeiten, arabische Bücher zu kaufen, zu bestellen oder einfach nur auszuleihen. Viele arabischsprachige Neuberlinerinnen und Neuberliner würden gern etwas für ihre Allgemeinbildung tun, sich die Zeit vertreiben oder ihren Kindern abends etwas vorlesen. Doch woher die Bücher nehmen? Um diese Leerstelle zu füllen, wurde im Februar 2017 von einer Gruppe engagierter junger Menschen Baynatna. The Arabic Library gegründet, die erste arabische Leihbibliothek in Berlin. „Baynatna“ ist Arabisch für „unter uns“; der Name unterstreicht den persönlichen Ansatz des Projekts, das unterschiedliche Menschen zusammenbringen und den interkulturellen Dialog fördern will.

Zum Team gehören die Deutsche Dr. Ines Kappert, die Jordanierin Dana Haddad und die drei Syrer Ali Hasan, Maher Khwis und Muhannad Qaiconie. In knapp einem Jahr haben sie nicht nur einen Bücherbestand angelegt, der sich sehen lassen kann, sondern einen Ort des kulturellen Austausches geschaffen: „Wir wollten uns eine neue Heimat im Exil schaffen“, erzählt Mitgründer Muhannad Qaiconie. „Außerdem wollen wir Brücken bauen zwischen der deutschen Gesellschaft und arabischsprachigen Neuankömmlingen, vor allem aus Syrien.“

Die Neueröffnung wird mit einem Festival gefeiert

Im ersten Jahr war Baynatna im Hotel Bel Ahr unweit des Potsdamer Platzes angesiedelt, das momentan als Flüchtlingsheim genutzt wird. Anfang Februar 2018 ist das Projekt in die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) am Alexanderplatz umgezogen und somit im geografischen Herzen Berlins angekommen. Anlässlich der Neueröffnung veranstaltet Baynatna am 10. und 11. Februar die ersten Arabisch-deutschen Literaturtage in der Hauptstadt. FANN ist Medienpartner der Veranstaltung und trägt außerdem zur Programmleitung und zur praktischen Organisation des zweitägigen Events bei.

In der täglichen Bibliotheksarbeit konzentriert sich das Team von Baynatna laut Muhannad Qaiconie auf zwei Aufgaben: „Zum einen geht es uns natürlich um Bücher. Das können Romane, Lyrikanthologien, Sachbücher über Politik, Kultur oder Wirtschaft, Theaterstücke oder Bildbände sein. In unserer Bibliothek kann man mittlerweile knapp 1.700 verschiedene Titel ausleihen – die meisten auf Arabisch, aber auch einige auf Deutsch und Englisch.“ Der zweite Schwerpunkt seien Veranstaltungen wie z.B. Konzerte, Workshops, Filmvorführungen oder Lesungen. „Die meisten unserer Events finden auf Arabisch und Deutsch statt. Wir bemühen uns immer darum, dass ein Dolmetscher oder eine Dolmetscherin da ist.“

Besonders erfolgreich waren die „Tage der Poesie“im letzten Jahr, die in Zusammenarbeit mit dem Lyriker und ehemaligen Chefredakteur der arabischen Zeitung Abwab Ramy Al-Asheq veranstaltet wurden. „Es sind wirklich viele Leute gekommen und das hat uns gezeigt, wie wichtig Lyrik für Araber ist.“ Außerdem wolle man es dem deutschen Publikum möglich machen, arabische Lyrikerinnen und Lyriker kennenzulernen und live vortragen zu hören. Auch die Workshops für Kinder seien gut besucht. Viele der Teilnehmenden seien lange nicht in die Schule gegangen und hätten den Kontakt zu ihrer Muttersprache verloren. „Das ist uns ein wichtiges Anliegen, diese Kinder wieder ans Arabische heranzuführen.“

Ganz einfach war die Gründung von Baynatna allerdings nicht. Als besonders schwierig erwies es sich, passende Räumlichkeiten für die Bibliothek zu finden. Workshops, Lesungen und Simultanübersetzung wollen finanziert werden. Diese Hindernisse macht Baynatna durch viele helfende Hände wett: „Die Bibliothek wird momentan von ehrenamtlichen Mitarbeitern verwaltet“, erklärt Qaiconie. „Auch die Veranstaltungen werden von Freiwilligen organisiert. Wir sind immer offen für neue Leute und freuen uns über jeden, der mitarbeiten will.“

Der Erfolg kam teilweise überraschend

Im zweiten Jahr ihres Bestehens hat sich die arabische Bibliothek als Ort des Lesens, der Debatten und des Austausches in Berlin etabliert. Ein wenig überrascht angesichts dieses Erfolgs seien sie als Team schon gewesen, meint Muhannad Qaiconie: „Am Anfang waren wir uns nicht sicher, ob das mit der Bibliothek klappt. Viele Leute behaupten ja, dass Araber ungern lesen. Die vielen Besucher haben uns aber vom kompletten Gegenteil überzeugt.“ Einige Leute kämen gezielt, um zu lesen oder zu recherchieren. „Die sind total glücklich, dass es in Berlin jetzt die Möglichkeit gibt, sich in der eigenen Muttersprache weiterzubilden.“ Für andere Besucherinnen und Besucher sei es wichtiger, dass ihre Kinder im Exil die eigene Sprache nicht verlernten.

Viele Gründe also, Baynatna. The Arabic Library weiter wachsen zu lassen. Irgendwann in naher Zukunft, setzt Qaiconie hinzu, solle die arabische Bibliothek zu einer festen Größe in der Hauptstadt werden: „Wir wollen ein wichtiger Teil der Berliner Kulturszene werden.“ Die Arabisch-deutschen Literaturtage am 10. und 11. Februar sind ein weiterer Schritt auf diesem Weg. Arabische Literatur, das scheint eindeutig, ist im Herzen Berlins angekommen.

Die neue Adresse von Baynatna. The Arabic Library ab Februar 2018: Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB), Breite Str. 30 – 36, 10178 Berlin-Mitte. 

Übersetzung: Rashad Alhindi