Mitte Dezember 2017 veranstaltete der syrische Kulturverein Nawras das erste Event der Moshabak Nights, in deren Rahmen Kulturschaffende unterschiedlicher Disziplinen auftreten. Nawras wurde im letzten Jahr als gemeinnütziger Verein gegründet, um eine Plattform für syrische Künstlerinnen und Künstler zu schaffen. „Die Präsenz syrischer Künstler in Deutschland ist in den letzten Jahren so stark gestiegen, dass man diese Entwicklung nicht länger als zufällig betrachten kann“, glauben die Gründungsmitglieder, zu denen auch der Dramatiker Mudar Al Haggi gehört. Viele Faktoren haben diese Künstler nach Deutschland geführt. Einige sind ins Exil gezwungen worden, andere von der freien Kulturszene angezogen worden. „Die Mehrheit der syrischen Künstler in Deutschland stößt auf ähnliche Karrierehindernisse“, sagt Al Haggi. „Wenn man ausgewandert ist, geht es einem wohl überall auf der Welt so. Deutschland ist aber vor allem in Bezug auf seine Kulturszene besonders. Deshalb haben wir Nawras gegründet.“
Eine Möwe entfernt sich nicht weit vom Festland
Neben Mudar Al Haggi arbeiten Bassam Dawood, Athil Hamdan, Liwaa Yazji, Irit Neidhart, Heidi Erickson und Fadwa Merkhan im Verein mit. Das Team entschied sich für den Namen Nawras, arabisch für „Möwe“, weil das Verhalten dieses Vogels ihr eigenes Ziel am besten repräsentiere. „Eine Möwe konzentriert sich gleichzeitig darauf, das Festland zu erreichen und in einem konstanten Flugzustand zu bleiben“, erlärt Al Haggi. „Außerdem entfernt eine Möwe sich nicht weit vom Festland, wenn sie fliegt.“

Performance der Künstlerin Razan Sabbagh bei den Moshabak Nights im Februar 2018.
In den Statuen des Vereins heißt es: „Nawras öffnet Türen für syrische Künstlerinnen und Künstler in Deutschland und schafft ein Umfeld, in dem eine aktive Teilnahme und Zusammenarbeit möglich werden.“ Nawras versteht sich als unabhängiges kulturelles Zentrum, das Hürden auf zeitlicher und räumlicher Ebene überwindet: „Wir sind der Überzeugung, dass Kunst und Kultur ein Menschenrecht und das beste Mittel zum Dialog sind.“ Deshalb organisiert Nawras nicht nur Vernetzungstreffen zwischen syrischen Künstlerinnen und Künstlern, wie die „Moshabak Nights“, sondern auch Workshops, arabisch-deutsche Übersetzungswerkstätten und ähnliche Angebote zu Aufbau und die Entwicklung künstlerischer Fähigkeiten.
Eine gemeinsame Denkweise, die keine Grenzen zieht
Obwohl Nawras sich eindeutig in der syrischen Kulturszene verortet, will der Verein in Zukunft auch mit Kulturschaffenden aus anderen Weltregionen zusammenarbeiten. Dazu meint Mudar Al Haggi: „Wir versuchen, Künstler in ganz Deutschland zu erreichen, besonders aber in Berlin. Die Kulturszene hier ist sehr international, in dieser Stadt leben Künstler aus allen Ländern der Welt. Nawras möchte ein Teil dieser vielfältigen Szene sein.“ Trotzdem sei in Berlin nicht immer alles rosig, schließlich fühlten sich viele Kulturschaffende hier noch nicht zuhause. „Alle Künstler, egal wo sie sind, leben in einem exilähnlichen Zustand. So als vereine sie eine gemeinsame Denkweise, die keine echten oder metaphorischen Grenzen zieht.“

Mudar Al Haggi (Mitte) mit dem Team von Nawras.
Eine der wichtigsten Aufgaben von Nawras ist es nun, mehr über die Bedürfnisse syrischer Künstlerinnen und Künstler herauszufinden. „Wir haben momentan nur einen vorläufigen Plan,“ meint Mudar Al Haggi. „Die richtige Arbeit fängt an, wenn wir uns mit den Künstlern zusammensetzen. So wollen wir herausfinden, welche Punkte in Zukunft im Fokus unserer Arbeit stehen sollen.“
Übersetzung: Ibrahim Mahfouz

Palästinensische Journalistin.