Viele syrische Flüchtlinge bekommen seit einiger Zeit beunruhigende Briefe von den für sie zuständigen Ausländerbehörden, die sie auffordern, „zur Syrischen Botschaft in Berlin zu gehen und ihren Reisepass zu erneuern.“ Diese Briefe werden nicht nur an all jene verschickt, die subsidiären Schutz erhalten haben, sondern auch an jene, die per Familiennachzug nach Deutschland gekommen sind.

Aktuell sieht es so aus: Wer in Deutschland subsidiären Schutz erhalten hat, muss seinen Reisepass in der Syrischen Botschaft erneuern, wenn dieser abzulaufen droht. Wer das nicht tut, dessen Aufenthaltserlaubnis wird beim nächsten Antrag nur um sechs Monate bzw. in einigen Bundesländern nur um drei Monate verlängert. Familien, die eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis haben und per Familiennachzug gekommen sind, müssen ihre Pässe ebenfalls in der Botschaft verlängern lassen. Das gilt sogar für Personen, die schon vor der Einreise nach Deutschland keinen gültigen Pass mehr besessen haben und daher von der zuständigen deutschen Botschaft ein vorläufiges Reisedokument erhalten haben.

Die Syrische Botschaft in Berlin liegt offiziell in Syrien

Das Vorgehen der Ausländerbehörden ist eine klare Verletzung internationalen Rechts, das doch von jedem Land eingehalten werden sollte. Es widerspricht außerdem dem Recht auf Asyl und subsidiären Schutz: Alle Syrerinnen und Syrer, die diesen Status erhalten, müssen die Bedingung akzeptieren, nicht in ihr Heimatland zu reisen. Wer das trotzdem tut, verliert seine Aufenthaltserlaubnis. Laut internationalem Recht jedoch zählt das Grundstück, auf dem die Botschaft eines beliebigen Landes steht, als Teil des repräsentierten Landes. Das bedeutet, dass die Syrische Botschaft in Berlin offiziell in Syrien liegt. Das Betreten syrischen Staatsgebiets ist Flüchtlingen aber doch eigentlich nicht erlaubt?

Außerdem ist ein Botschaftsbesuch für all diejenigen Syrerinnen und Syrer gefährlich, die noch Familie in Syrien haben und deren Aufenthaltsort in Deutschland dem Geheimdienst unbekannt ist. Wird ihr Wohnort aufgedeckt, laufen alle Familienmitglieder in Syrien Gefahr, festgenommen, erpresst oder getötet zu werden. Im besten Fall verlieren sie nur ihre Jobs. Warum vergessen deutsche Behörden, dass die Angestellten der Syrischen Botschaft keine Diplomaten, sondern Geheimdienstmitarbeiter sind? Jeder, der die Botschaft besucht, ist der Diktatur ausgeliefert, die das Leben syrischer Flüchtlinge in Gefahr bringt. Wegen des Beharrens der Ausländerbehörden auf einer Passverlängerung liegt die Verantwortung hierfür im Endeffekt beim deutschen Staat.

Illustration Hani Abbas

© Hani Abbas

Auf der Website der Syrischen Botschaft erfährt man, wie viel man bezahlen muss, um einen Reisepass zu verlängern, zu erneuern oder erstmals zu beantragen. Die Verlängerung eines Passes ist zwei Mal möglich unter der Bedingung, dass seine Gültigkeit weniger als sechs Monate beträgt, und kostet 165 Euro. Für die Erneuerung werden 305 Euro in Rechnung gestellt. Die erstmalige Ausstellung eines Passes, der zwei oder sechs Jahre gültig ist, kostet 255 Euro. Bei einem Eilantrag werden 680 Euro fällig. Wenn man seinen Reisepass verliert oder er kaputtgeht, zahlt man 300 Euro für die Erneuerung. Der Eilzuschlag beläuft sich in diesem Fall auf 725 Euro.

Ob Erneuerung, Verlängerung oder erstmalige Ausstellung: In jedem Fall benötigt man eine Genehmigung des syrischen Innenministeriums. Dafür muss man seine kompletten Unterlagen einreichen, inklusive einer Kopie der deutschen Aufenthaltserlaubnis, einer deutschen Telefonnummer und einer Postadresse in Deutschland.

Millionen für Assads Kriegsmaschinerie

Die Lage in Syrien ist seit fast acht Jahren instabil und viele syrische Reisepässe sind mittlerweile abgelaufen. Da aktuell fast eine Million syrische Flüchtlinge in Deutschland leben, kann das Assad-Regime mit seinen Passgeschäften hunderte Millionen Euros einnehmen, die direkt in die Kriegsmaschinerie fließen, die das syrische Volk tötet und Städte und Dörfer des Landes zerstört.

Einmal abgesehen von den Sorgen syrischer Flüchtlinge und der Verletzung international geltenden Rechts: Ist der Zwang, Millionen an das syrische Regime zu zahlen, nicht eine indirekte Unterstützung des Assad-Regimes durch deutsche Behörden? Ist dieses Geld nicht eine Form von militärischer Unterstützung, da es für Waffenkäufe und Offiziersgehälter eingesetzt wird? Auf diese Weise werden syrische Flüchtlinge dazu gezwungen, das Regime, vor dem sie doch geflüchtet sind, zu finanzieren, damit dieses in Syrien weiter morden kann. Weder die deutsche Bundesregierung noch Menschenrechtsorganisationen haben sich bislang zu dieser Situation geäußert.

Übersetzung: Ibrahim Mahfouz